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Foto @Gisela Simak |
Unbezahlte Werbung. Coverrechte: Rowohlt Verlag.
Verlagsinfo: Die Assistentin
Roman | Von der preisgekrönten Bestsellerautorin: Eine junge Frau zwischen Selbstverlust und dem Mut zum eigenen Weg
Eine Karriere als Musikerin – das war eigentlich Charlottes größter Wunsch. Aber jetzt ist es ja eh zu spät, und sie muss sich um einen vernünftigen Job kümmern, schon wegen der Eltern. Sie findet eine Stelle in einem Verlag, auch nicht schlecht, und München ist eine schöne Stadt, vor allem im Sommer.
Im Vorzimmer des Verlegers sitzt Charlotte ganz nah am Zentrum der Macht. Dass der seine Assistentinnen oft auswechselt, kriegt sie schnell mit. Aber sie entwickelt ein gutes Verhältnis zu ihrem Chef, der ihre Stärken erkennt, ihr vertraut. Und dafür muss sie eben viel in Kauf nehmen, sehr viel, vielleicht auch selbst mit harten Bandagen kämpfen, vielleicht ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Vielleicht sogar Bo verlieren, in den sie sich doch gerade erst verliebt hat …
In wunderbar lakonischem Tonfall, mit Humor und Tiefgang erzählt Caroline Wahls neuer Roman von einer jungen Frau, die sich nicht zum Opfer machen lassen will und doch in eine Lage gerät, die viele Menschen kennen: wenn einem der Beruf zur Hölle wird. Eine ganz alltägliche Leidensgeschichte, ein Roman über Resilienz und Überleben.
Meine Meinung
Ab dem zweiten Drittel konnte mich die Geschichte abholen
Ich habe mich sehr auf das neue Werk von Caroline Wahl gefreut. Meine Freude bekam am Anfang einen gewaltigen Dämpfer. Nein, es lag nicht daran, dass die Autorin ihre gewohnten Pfade verlassen hat; sondern vielmehr an den ständigen Wiederholungen, die ich besonders im ersten Drittel total übertrieben und nervig fand. Da hätte ich dann am liebsten abgebrochen; da ich jedoch das E-Book vom Rowohlt Verlag und Netgalley erhalten habe, war abbrechen keine Option für mich. Darüber bin ich im Nachhinein froh.
Es geht um Charlotte Scharf, die die ihre Träume als Musikerin auf Eis gelegt hat, um bei einem Verlag in München als Assistentin des Verlegers Ugo Maise zu arbeiten. Vor ihr wurden einige Assistentinnen gekündigt oder haben selbst das Handtuch geschmissen. Charlotte möchte ihren Job auf alle Fälle behalten und lernt, mit der Unberechenbarkeit ihres Chefs umzugehen. Die zweite Assistentin wird gekündigt und ihre Nachfolgerin schmeißt das Handtuch, was Charlotte sehr bedauert, da sie zu ihr einen sehr guten Draht hatte. Habe ich mich da jetzt irgendwie wiederholt? Macht nichts; dient als kleine Vorbereitung zum Buch.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt habe ich mit Charlotte richtig mitgelitten. Wer so einen Chef hat, braucht keine Feinde mehr. Wer Sünden abbüßen möchte, ist in diesem Verlag am richtigen Ort. Ob im Büro oder daheim; ihr Chef ruft an, um ihr Aufträge zu erteilen. Das Reservieren von Hotelzimmern und Restaurants bringt der narzisstisch anmutende Verleger nicht selbst zustande. Die ganzen Extrawünsche dazu treiben einem beim Lesen die Zornesröte ins Gesicht. Wenn etwas nicht nach seiner Zufriedenheit ausgeführt wird, schreit er *Zut!* (Verdammt) Wenn es ihm nicht gut geht, kann ohnehin keiner was richtig machen.
Charlotte gibt einfach alles, um einen guten Job zu machen. Rückhalt von ihren Eltern kann sie nicht erwarten. Sie meinen es zwar stets gut mit ihr, bemerken aber nicht, wie ihre Tochter ihre Gesundheit aufs Spiel setzt. Verzweifelte Anrufe von Charlotte werden nie richtig ernst genommen; vielmehr animieren sie ihre Tochter weiter im Verlag zu arbeiten. Charlottes Einsamkeit ist zwischen den Zeilen spürbar.
Es gibt einen Mann, der nicht mehr mit ansehen möchte, wie Charlotte langsam aber sicher an ihrem Job zugrunde geht. Es handelt sich um Bo, in den sich Charlotte verliebt hat, aber keine Zeit für ihn aufbringen kann. Die beansprucht der Verleger ...
Wie schon erwähnt, fiel mir der Einstieg sehr schwer. Für das erste Drittel habe ich drei Tage gebraucht. Ich konnte mich nicht aufraffen, weiterzulesen. Doch dann hat die Geschichte einen Sog entwickelt, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.
Die Figuren wirken authentisch und nur wenige waren mir sympathisch. Der Verleger kürzt die Namen seiner Assistentinnen ab und ordnet sie einer Obst oder Gemüsesorte zu. So wird aus Frau Scharf *Sch* die Erdbeere. Muss man nicht verstehen, oder? Zuckerbrot und Peitsche bestimmen die Arbeitstage der Assistentin, die mittlerweile kein Privatleben mehr hat.
Arbeiten, an der Isar joggen, anschließend Serien schauen, schlecht schlafen und früh am Morgen zur Arbeit gehen, definieren ihren Alltag.
Ich war tatsächlich gestresst beim Lesen und habe den Burnout von Charlotte kommen sehen. Zum einen, weil das ganz einfach eine logische Konsequenz war; zum anderen, weil die Autorin immer wieder angekündigt hat, was passieren wird. Habe ich so noch nicht gelesen und hat mir tatsächlich gefallen.
Das Setting hat Heimatgefühle in mir geweckt, da es in München an der Isar spielt, und ich in der Nähe von München wohne und selbst gerne an der Isar spazieren gehe.
Bücher sind für mich ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Schlechtes Betriebsklima aufgrund Machtmissbrauch, Mobbing und übertrieben lange Arbeitszeiten, machen irgendwie die Illusion kaputt, in einem Verlag zu arbeiten wäre das Paradies für jede Leseratte. *Zut * ... so ist nun mal das Leben. Ich glaube fest daran; es gibt bestimmt auch Verlage mit einem guten Betriebsklima.
Fazit
Manchmal muss man durch die Hölle gehen, um den Himmel zu erreichen. Die Assistentin findet einen Weg, um ihre Träume wahr werden zu lassen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. "ZUT*, das wäre doch gelacht!
Der Schreibstil wirkt direkt und schnörkellos. Ab ca. dem zweiten Drittel konnte mich die Geschichte abholen.
Trotz Kritikpunkte kann ich an alle eine Empfehlung aussprechen, die etwas Geduld aufbringen. Für mich hat es sich gelohnt und ich vergebe gerne 3 gute Sterne.
Danke, Caroline Wahl.
Caroline Wahl, geboren 1995 in Mainz, wuchs in der Nähe von Heidelberg auf. Sie hat Germanistik in Tübingen und Deutsche Literatur in Berlin studiert. Danach arbeitete sie in mehreren Verlagen. 2023 erschien ihr Debütroman 22 Bahnen, für den sie u. a. mit dem Ulla-Hahn-Autorenpreis und dem Grimmelshausen-Förderpreis ausgezeichnet wurde. Außerdem wurde 22 Bahnen Lieblingsbuch der Unabhängigen 2023. Auch ihr zweiter Roman Windstärke 17 wurde zum Ereignis und stand monatelang an der Spitze der Bestsellerlisten. Caroline Wahl lebt in Kiel.
Danke für diesen ehrlichen Einblick, liebe Gisela. Schade, dass du dich anfangs immer wieder zum Lesen aufraffen musstest. Ich fand die ersten beiden Bücher schon "nur okay", deshalb werde ich dieses wahrscheinlich auslassen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße