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Verlagsinfo: Effi Briests
vergessene Schwester
Die junge, verträumte Agathe
wächst in einem großbürgerlichen Haushalt auf und möchte
eigentlich alles richtig machen. Doch immer wieder eckt sie in der
konservativen Gesellschaft des jungen Kaiserreichs an, weder ihre
jugendliche Sehnsucht nach Freiheit und Selbstentfaltung noch ihr
Wunsch nach Liebe erfüllen sich. Als ihr Bruder ihre Mitgift
verspielt, steht ihr nicht einmal mehr eine Vernunftehe offen. Agathe
verzweifelt und wird in eine Heilanstalt eingewiesen.
Gabriele
Reuter wurde mit dem Roman schlagartig berühmt und dieser zu einem
Bestseller.
»Ein bekannter ›Frauenrechtler‹ soll, so las ich, geäußert haben, wenn er Kultusminister wäre, so würde er dieses Buch in Hunderttausenden von Exemplaren drucken und verteilen lassen. Er täte ungemein wohl daran.«
Thomas Mann
Meine Meinung:
Agathe Heidling
Diesen Klassiker zu lesen, hat unheimlich viel Spaß gemacht. Ich gestehe, nicht von Anfang an. Ist die Ausdrucksweise doch eine ganz andere, wie ich sie aus bisherigen Büchern kenne.
Agathe ist ein 17-jähriges Mädchen, welches wissbegierig daher kommt. Das war Ende des 19. Jahrhunderts in der Gesellschaft weder erwünscht noch geduldet. Da sollte eine Frau gut heiraten und Kinder gebären. Noch dazu, wenn sie aus einem großbürgerlichen Haushalt stammt.
Effi Briests Geschichte habe ich bisher noch nicht gelesen. Daher kann ich keine Parallelen zu Agathe erkennen. Arg kämpferisch kam mir Agathe lange Zeit nicht vor. Eher resigniert und sich den Gegebenheiten anpassend. Zum ersten Mal erkennt Agathe bei ihrer Konfirmation, wie eingeschränkt ihr Leben ist. Ein Gedichtband wurde ihr geschenkt, den zu lesen ihr verboten wurde. Lieber steckte man sie in ein Internat, um sie auf ihr weiteres Leben als ehrbare Frau vorzubereiten. Wie im Klappentext schon erwähnt, verspielt Agathes Bruder ihre Mitgift. Somit rückt eine gute Ehe in weite Ferne ....
Agathes Weg ist sehr spannend beschrieben. Die antiquierte Ausdrucksweise versetzt einen in die damalige Zeit. Würde man heutzutage einer Frau, mit gleichen seelischen Befinden, eine Psychotherapie zukommen lassen, so landete sie damals in einer Heilanstalt. Ich konnte es nicht fassen, wie man die junge, intelligente Frau brechen wollte. Agathe erkannte längst, dass moralisches Verhalten, welches man von ihr forderte, von sämtlichen ehrbaren Menschen selbst nicht eingehalten wurde. Ihre Art und Weise war für mich nicht immer nachvollziehbar. Sie fand mehrmals nicht den richtigen Weg, für ihre Wünsche einzustehen. Obwohl sich für Frauen seither viel geändert hat, gibt es immer noch Luft nach oben. Besonderes dann, wenn man aus einer gutbürgerlichen Familie kommt. Nicht alles was in diesem Büchlein steht, ist gänzlich aus der Welt geschafft.
Fazit:
Ein Klassiker, der für die damalige Zeit sehr mutig daher kommt. Gabriele Reuter hatte hier ein sehr wichtiges Buch geschrieben. Herzlichen Dank dafür. Von mir eine absolute Empfehlung. Das Nachwort fand ich besonders interessant.
Gabriele Reuter (1859–1941) war eine bedeutende deutsche
Schriftstellerin und zu Lebzeiten sehr erfolgreich. Mit Aus guter
Familie (1895) wurde sie über Nacht berühmt.
Nachwort
von:
Tobias Schwartz, geb. 1976, ist Schriftsteller,
Übersetzer und Literaturkritiker. Er schreibt u.a. für den
Tagesspiegel und hat zuletzt Werke von Virginia Woolf und
Aphra Behn übersetzt. 2024 erschien seine Erzählung Im Nebel.
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