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Mittwoch, 13. September 2023

Ich, Sperling von James Hynes

Foto: @Gisela Simak

Um was geht's? 

Ich, Sperling

Roman

Sperling wächst in einem Bordell im spanischen Carthago Nova im 4. Jahrhundert n. Chr. auf. Anfangs hilft er in der Küche, später wird er aber ins Obergeschoss geführt, wo die Prostituierten arbeiten. Ein furchtbares Schicksal erwartet ihn dort. Unbezahlte Werbung. Coverrechte: Verlag


Meine Meinung:

Mein Highlight 2023

Diese Geschichte hat mich regelrecht umgehauen. So eine Sprachgewalt erfordert wirklich schriftstellerisches Können. Ich musste des öfteren beim Lesen innehalten, tief durchatmen und das Gelesene erst mal verdauen. Es ist ein liebevolles, dramatisches, grausames und spannendes Geschehen, das mich knapp 600 Seiten in seinen Bann gezogen hat. Ein alter, namenloser Mann, hat mich an seiner Geschichte teilhaben lassen.

Als Pusus kommt ein kleiner Junge zu den Wölfinnen. Pusus heißt jeder Junge ohne Herkunft und Namen. Wölfinnen nennt man Frauen, die ihren Körper verkaufen. Manch eine freiwillig, die meisten werden jedoch gezwungen. Es gibt einen Dominius der die Frauen beschützt. Was jedoch zu dieser Zeit unter dem Begriff *beschützen* gemeint ist, treibt einem schon des öfteren Tränen in die Augen. Die Wölfinnen verhalten sich gegenüber Pusus wie Schwestern. Besonders Euterpe vermag dem kleinen Jungen viel Wärme zu geben. Dem kleinen Jungen, dessen Schlafstatt in der Ecke einer Küche ist. Sie lehrt ihm lesen und rechnen. Schreibt Buchstaben und Zahlen in die Erde. Erzählt ihm Geschichten, deren Inhalt voller Hoffnung und Liebe anmutet. Das römische Reich blickt seinem Ende entgegen. Die Sklaverei ist voll im Gange. Ein niederes Menschenleben bei den meisten nichts wert. Ich habe den kleinen Jungen ins Herz geschlossen. Auch die Köchin Focaria scheint das Herz am rechten Fleck zu haben. Sie zeigt es dem Jungen selten. Möchte ihn nicht verweichlichen. Schnell wird klar, welches Schicksal dem Jungen vorbestimmt ist. Ein Schicksal, das auch Euch nicht kalt lassen wird.

Lange Zeit kennt der Junge nur die Küche und den Kräutergarten. Was hinter der Mauer stattfindet, lernt er erst kennen, als ihm die Köchin lehren muss, wie man Wasser vom Brunnen holt und Einkäufe erledigt. Ich fand diese Arbeiten schon schwer genug für einen kleinen Jungen. Doch es soll noch wesentlich schlimmer kommen mit der Maus, wie ihn die Wölfinnen liebevoll nennen. 

Die Geschichte spielt im spanischen Carthago Nova in einem Bordell. Sie verströmt Verzweiflung, Angst und dennoch so viel Liebe. Ich habe fast alle Protagonisten ins Herz geschlossen. Selbst die, die ich nicht mochte, für interessant befunden. Zu gerne hätte ich die Möglichkeit gehabt, meinen Beschützerinstinkt anzuwenden. Den kleinen Jungen in den Arm zu nehmen und aus seiner Misere zu befreien. Auch den Wölfinnen hätte ich gerne Hilfe zukommen lassen. Aber was schreibe ich da. Es ist doch nur eine Geschichte auf Papier. Das habe ich beim Lesen mehr wie einmal vergessen.

Euterpe hat Pusus eine Geschichte vom Sperling erzählt. Mit Hilfe dieser Geschichte wird Pusus, Maus, Kleiner, Antiochus und zuletzt Antinioos, in besonders schlimmen Situationen als Sperling seinen Körper verlassen. Von oben unberührt beobachten, was mit ihm geschieht. Der Junge und die Wölfinnen verfügen über griechische Namen. Ihre eigenen Namen sind den meisten unbekannt. Euterpes kann sich an ein besseres Leben erinnern. Kann lesen, schreiben und rechnen. Tauscht, nachdem sie sämtliche Freier bedient hat, Zärtlichkeiten mit der Köchin Focaria aus. 

Fazit:

Bildgewaltig und emotional kommt die Geschichte daher, die im 4.Jahrhundert n. Chr. spielt. Von mir eine absolute Empfehlung für dieses Meisterwerk. *Ich, Sperling* ist ein Buch, auf das man sich einlassen sollte. Die Geschichte wendet keinerlei Weichzeichner an. Die Arbeit im Bordell wird in keinster Weise beschönigt. Der alte Mann spricht den Leser persönlich an. Und ich spreche DICH jetzt persönlich an: Lies dieses Buch. Hab Mut! Du wirst es nicht bereuen. Ich habe dir soeben mein Highlight 2023 vorgestellt. 

Ein ganz großes Dankeschön an James Hynes und dem dtv-Verlag.

Autor*innenporträt

James Hynes

James Hynes ist Absolvent des Iowa Writers' Workshop und veröffentlichte bisher drei hochgelobte Romane sowie eine Kurzgeschichtensammlung. Weitere Texte erschienen u. a. in der New York Times und Washington Post. Er lehrte Kreatives Schreiben an diversen Universitäten. Hynes lebt in Austin, Texas.  

© Mimi Mayer, 2022


 


 

 





2 Kommentare:

  1. Liebe Gisela, Danke für Deine intensive Einführung in das Buch. Ich werde mir überlegen es zu lesen,,,,
    LG Angela

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  2. Hallo Angela

    Gerne. Bei dem Buch machst du nichts falsch.

    Liebe Grüße von der Gisela

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