![]() |
Foto @Gisela Simak |
Unbezahlte Werbung. Coverrechte: Goldmann Verlag.
Verlagsinfo: »Bewegend, witzig und kostbar, ein Meisterwerk über die zerbrechliche Kunst des Menschseins.« Anne Griffin
Adoptivtochter und Starjuristin, Gartenliebhaberin und Ehefrau, Mutter und mütterliche Freundin – die 73jährige Sybil van Antwerp hatte schon viele Rollen inne in ihrem bewegten Leben. Eines hat sie dabei stets begleitet: ihre Leidenschaft fürs Briefeschreiben. Jeden Tag greift sie zu Füller und Papier und schreibt darüber, was sie bewegt und stört, was sie begeistert und betrauert. Voller geistreichem Humor und mitunter etwas ruppiger Herzlichkeit berichtet sie von Schicksalsschlägen und Glücksmomenten, von Liebe und Triumph. Doch jenseits dieser Seiten hat Sybil die Menschen, die ihr etwas bedeuten, stets auf Abstand gehalten. Bis ein anonymes Schreiben sie zwingt, sich mit ihren eigenen Fehlern auseinanderzusetzen – und sich dem einen großen Geheimnis zu stellen, das ihr Leben geprägt hat. Denn für ein Postscriptum ist es nie zu spät.
Ein ebenso bewegender wie tiefgründiger Briefroman mit einer etwas kratzbürstigen Heldin und großen Themen – für alle Fans von Elizabeth Strouts unnachahmlicher Protagonistin Olive Kitteridge.
Meine Meinung
📧💌✉️
Brief an Sybil
Sybil van Antwerp
17 Farney Road
Liebe Sybil
Danke, dass ich all deine Briefe lesen durfte, die mich bis spät in die Nacht gefesselt haben. Auch die Antworten auf deine Briefe fand ich unheimlich spannend.
💌📧✉️
Du hast mich an deinem Leben teilhaben lassen und die großen Fehler, die du gemacht hast, ohne Weichzeichner erzählt. Genau diese Fehler haben dich dazu inspiriert, fast jeden Tag einer nahestehenden Person einen Brief zu schreiben. Du hast dir alles von der Seele geschrieben und so manche Unstimmigkeiten aus der Welt geschafft. Dennoch gibt es ein Ereignis, das dich über Jahrzehnte traurig gestimmt hat. Der Tod deines 8-jährigen Sohnes, der bei einem Badeurlaub ums Leben kam, hat dich in große Depressionen gestürzt und deine Ehe mit Daan ruiniert. Nun bist du 73 Jahre alt und weißt, irgendwann wirst du erblinden.
Gott sei Dank hast du gute Freundinnen. Vor allem einen wirklich tollen Nachbarn, der dir eine große Stütze bei deinen Gartenarbeiten oder Besorgungen ist. Ihr schreibt euch, obwohl ihr Nachbarn seid, regelmäßig Briefe ✉️.
Unstimmigkeiten mit deiner Tochter Fiona belasten dich sehr; aber du hast eine tolle Schwägerin, die dir mal so richtig Klartext geschrieben hat. Ja, nicht nur du bist eine Frau, die ihre ehrliche Meinung äußert.
Aber ist es nicht genau die konstruktive Kritik, die uns im Leben weiterbringt? Den Brief, den du deiner Tochter geschrieben hast, fand ich sehr emotional. Besonders dieser Satz hat mich sehr berührt:
>>Du siehst in mir natürlich nur die Mutter, aber vergiss bitte nicht, im Herzen bin ich auch bloß ein kleines Mädchen. <<
📧💌✉️
Zu deinem älteren Sohn Bruce genießt du ein gutes Verhältnis.
Beruflich hast du mal sehr erfolgreich in einer Anwaltskanzlei gearbeitet. Dein Chef und du waren ein sehr gut eingespieltes Team. Für ihn hast du auf eine große Karriere verzichtet, da es dir nie wichtig war, im Mittelpunkt zu stehen. Leider hatte dein beruflicher Ehrgeiz einmal im privaten Bereich verheerende Folgen. Da war ich echt schockiert! Aber, haben wir nicht alle irgendwann einen großen Fehler gemacht?
Dein Leben war nie leicht. Du bist zwar von einem netten Ehepaar adoptiert worden, wolltest aber insgeheim immer deine richtigen Eltern kennenlernen. Die Chance dazu hast du von deinem Sohn Bruce bekommen. Er hat dir die Mitgliedschaft bei Kindred geschenkt, wo man seine DNA testen lassen kann. Da war ich wirklich sehr gespannt, ob du davon Gebrauch machen
wirst.
📧💌✉️
Irgendwie sind wir Schwestern im Geiste, da wir beide wahnsinnig gerne Bücher lesen. Du schreibst sogar Autor*innen an, um ihnen mitzuteilen, wie dir ein Buch gefallen hat.
Liebe Sybil, du solltest auch ein Buch schreiben, da deine Briefe einem guten Roman ebenbürtig sind. Aber, so viel ich weiß, hast du diesbezüglich eh schon deine Fühler ausgestreckt. Dein Ehrgeiz hat im Alter nicht nachgelassen; besonders seit du weißt, dass du bald blind sein wirst. Die ersten Anzeichen sind seit geraumer Zeit schon da. Normalerweise wolltest du nie mehr verreisen; bevor dein Augenlicht total schwindet, hast du dann doch noch ein paar mal die Koffer gepackt.
✉️📧💌
Den Brief, an deinen schwedischen Ex-Mann, hast du leider nie abgeschickt. Ich kann dich verstehen, da die Situation ausgesprochen schwierig war. Sein Brief an dich hat dich ziemlich erschüttert und mich auch traurig gestimmt. Eine berufliche Fehlentscheidung hat dir nach vielen Jahren Probleme bereitet. Die betroffene Person verwüstete deinen Garten, indem sie bei allen Blumen die Köpfe abriß, dir anonyme Briefe schrieb und scheinbar jeden deiner Schritte verfolgte. Briefe können so viel Positives bewirken. Entschuldigen, Erklärungen und Geständnisse lassen sich viel leichter schreiben, als von Angesicht zu Angesicht zu besprechen. Beim Briefeschreiben fällt einem niemand ins Wort und das Gelesene kann in Ruhe verarbeitet werden, bevor man antwortet.
Fazit
📧💌✉️
Liebe Sybil, mittlerweile bist du ein paar Jahre älter und ich weiß, du hast vielen Menschen deine Briefe gesendet. Ich kann nur jedem empfehlen, sie alle zu lesen. Ich mag Menschen sehr gerne, denen Selbstreflexion kein Fremdwort ist. Du hast mich zum Lachen gebracht und zu Tränen gerührt. Vor allem hast du mich dazu animiert, auch mal wieder einen Brief zu schreiben. Du bist von wunderbaren Menschen umgeben und bist selbst gerne für andere da. Besonders für einen Jungen, der seinen Weg noch nicht gefunden hat.
Danke, Sybil für die tollen Lesestunden. Bestell ein großes Dankeschön, an deine beste Freundin Virginia Evans. Sei so lieb, grüße auch Regina Rawlinson von mir. Ohne ihre Übersetzung hätte ich kein Wort verstanden. Okay, ein paar schon.
Postscriptum: Ich lese gerade "Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt" von Maya Angelou. Was liest du gerade?
Eine klare Empfehlung ❤️✉️📚
Virginia Evans stammt aus dem Nordosten der Vereinigten Staaten. An der James Madison University in Harrisonburg, Virginia, und dem Trinity College in Dublin studierte sie englische Literatur, Philosophie und kreatives Schreiben. Mit ihrem Ehemann, ihren zwei Kindern und ihrem Labrador Brigid lebt sie heute in Winston-Salem, North Carolina. Dort arbeitet sie nach ihrem hochgelobten Debüt »Die Briefeschreiberin« zurzeit an ihrem zweiten Roman.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen