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| Foto @Gisela Simak. Bedienung von Pixabay. |
Unbezahlte Werbung. Coverrechte:Diogenes Verlag.
Verlagsinfo: »Der Termin ist am 18. Februar um vier. Trag dir das ein!«, sagt Anjas Mutter und schlürft genüsslich ihre Won-Ton-Suppe. Sie meint damit weder Friseur noch Zahnarzt, sondern ihr eigenes Ableben. Anja, Anfang vierzig, früher Schauspielerin, nun Barkeeperin, wirft diese Ankündigung aus der so oder so ungeraden Bahn, auch wenn das Verhältnis zu ihrer eigenwilligen Mutter schon immer kompliziert war und sie unentwegt um Abstand und ihr eigenes Leben und Lieben ringt. Und außerdem: Was soll denn nur aus Mamas Hund werden?
Meine Meinung
Nein, so ist die Liebe nicht!
Nachdem ich den Klappentext gelesen habe, war mir sofort klar, das Buch muss ich lesen. Das hat man schließlich nicht alle Tage, dass eine Mutter ihrer Tochter beim gemeinsamen Mittagessen den genauen Zeitpunkt ihres Ablebens nennt. Der Schreibstil liest sich wie Butter und ich war sofort mitten im Geschehen.
Anja ist Anfang vierzig und kommt mit ihrer dominanten Mutter nicht klar. Die Schauspielerei hat sie an den Nagel gehängt und kellnert leidenschaftlich gerne in einer Bar. Ihre Mutter interessieren die Gründe für diese Entscheidung nicht. Sie gibt stets ihrer Tochter an allem Schuld.
Anja ringt um Liebe und ein selbstbestimmtes Leben; packt aber leider vieles falsch an. Jetzt soll sie auch noch anwesend sein, wenn ihre Mutter den genehmigten Suizid begeht.
Der sympathischen, gutherzigen Frau bleibt wirklich nichts erspart. Muss sie wirklich mit dabei sein, wenn die Mutter ihren kerngesunden Hund einschläfern lässt? Da war ich ehrlich gesagt richtig glücklich darüber, dass die Tierärztin diesen Auftrag verweigert hat. Anja musste ihrer Mutter versprechen, dass sie einen Tierarzt findet, der den Hund einschläfert. Natürlich hatte Anja eine bessere Lösung und versteckte den süßen Vierbeiner bei einem Freund.
Die Geschichte spielt in Zürich. In der Schweiz darf man, nach genauen Überprüfungen, sein Leben selbst beenden. Das Thema selbstbestimmtes Leben und Sterben nimmt eine große Rolle in dem Geschehen ein und bietet Zündstoff für Diskussionen.
Anjas Mutter möchte ihr Leben beenden, bevor sie krank und dement ist und nicht auf Pflege angewiesen sein. Anja fühlt sich in Gegenwart ihrer Mutter klein und unbedeutend. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, wie beleidigend diese sich ihr gegenüber verhält.
Mir hat diese Mutter schier den Atem geraubt; ob der vielen Gemeinheiten ihrer eigenen Tochter gegenüber. Die gesamte Aufmerksamkeit der attraktiven Witwe galt früher ihrem Mann, einem berühmten Dirigenten. Die Tochter war von jeher eine Randfigur.
Der Mutter und Tochterkonflikt sitzt tief und wirkt unlösbar. Glück und ein Gefühl von Geborgenheit empfindet Anja ausschließlich bei ihrem Chef und den Kunden in der Bar, die zum Teil richtige Freunde geworden sind. Sie fühlt sich dort getragen und darf sie selbst sein. Die Wertschätzung stärkt sie für alles, was noch kommen wird. Ihr dürft mir glauben, es kommt noch sehr, sehr viel.
Fazit
Echte Freunde sind Retter in der Not. Die waren für Anja eine große Notwendigkeit; denn, wer so eine Mutter hat, braucht keine Feinde mehr.
Ob sich die Mutter tatsächlich das Leben genommen hat? Ich empfehle euch, das selbst zu erkunden.
Von mir eine klare Empfehlung. Der Inhalt hält, was der Klappentext verspricht.
Herzlichen Dank, Katja Früh. Ich habe jedes einzelne Wort genossen.
Ein Dankeschön an den Diogenes Verlag. Das war wieder mal ein literarisches Sahneschnittchen.
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| © Mara Truog |
Katja Früh
Katja Früh, 1953 in Zürich geboren, ist Drehbuchautorin und Regisseurin. Nach der Schauspielausbildung in Berlin begann sie 1978, fürs Theater zu inszenieren und zu schreiben. Ab 1980 arbeitete sie beim Schweizer Radio DRS, produzierte fürs TV (u. a. die über 10 Jahre laufende Serie ›Lüthi und Blanc‹) und realisierte auch Projekte mit Martin Suter und Patrick Frey. Seit 2014 schreibt sie eine regelmäßige Kolumne für ›Das Magazin‹ im ›Tages-Anzeiger‹. ›Vielleicht ist die Liebe so‹ ist ihr erster Roman.


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