Meine Blog-Liste

Samstag, 3. Februar 2024

Liebe ist gewaltig von Claudia Schumacher

Foto: @Gisela Simak

Um was geht's? Unbezahlte Werbung. Coverrechte Verlag. 


Verlagsinfo: VON GEWALT, VON ZÄRTLICHKEIT UND VON DER MACHT DER BEFREIUNG

Liebe ist gewaltig

Juli wächst in einer Vorzeigefamilie auf: Die Eltern sind Rechtsanwälte, sie ist Klassenbeste. Doch in der Kleinstadtvilla herrscht das Grauen. Der Vater drillt die Kinder auf Leistung, prügelt sie und seine Frau. Juli wird älter, fordert ein Ende der Gewalt, deren Realität von der Mutter vehement abgestritten wird. Einzig ihre Geschwister und eine Maus geben Halt. Wie kann man sich befreien, wenn man weder den Eltern noch den eigenen Erinnerungen traut? Die Befreiung gerät zum Feldzug – gegen die Eltern und das eigene Ich. Drei Jahrzehnte folgen wir Juli, die mit aller Macht versucht, die Deutungshoheit über ihr Leben zu erlangen. Ein eindringlicher Roman über Verletzungen und eine mögliche Heilung, voller Originalität und Wärme. 

 

Meine Meinung:

Gnadenlos ehrlich!

Eltern beschützen ihre Kinder. Sind stolz auf sie, wenn sie mit besonderen Talenten glänzen. Das ist normal für Eltern. Doch es geht auch anders. Juli und ihre drei Geschwister gehen in ihrem Elternhaus durch die Hölle. Ihr Vater, ein erfolgreicher Anwalt, misshandelt seine Frau und alle vier Kinder. Was jedoch am meisten irritiert: Die Mutter, (selbst Anwältin,) ist finanziell unabhängig. Das Haus in dem sie leben, hat sie von ihren Großeltern geerbt. Warum hilft sie ihren Kindern nicht? Warum verlässt sie diesen Psychopathen nicht? Ich habe das Geschehen fassungslos verfolgt. Besonders am Anfang war ich sehr von dem Schreibstil fasziniert. Ein wirklich ernstes und trauriges Thema mit Humor spicken, ist eine wahre Kunst. Aus der Sicht von Juli, die als Jugendliche auf eine Kneippkur geschickt wurde, erfahren wir das ganze Ausmaß des Wahnsinns der Familie Ehre.



Trotz des ernsten Themas, musste ich im ersten Teil des Dramas oftmals schmunzeln. Der schwarze Humor ist einfach nur köstlich. Jedoch im weiteren Verlauf sucht man ihn vergeblich. Im zweiten Teil erleben wir eine Juli in Berlin, die sich als erfolgreiche Gamerin ihr Leben und Studium finanziert. Die durch die Alkohol und Tablettenhölle geht und sich ihren Mitmenschen gegenüber seltsam verhält. Die zum Schweigen erzogen wurde. Niemand soll erfahren, was bei den ehrenwerten Ehres los ist.

Der dritte Teil handelt von einem Versuch Julis, sich selbst zu manipulieren. Die Gewalt in der Familie ist gewaltig. Die Vorzeigefamilie Ehre ist in dem kleinen Örtchen Ederfingen angesehen. Ich hatte jedoch manchmal das Gefühl, einige Freunde der Familie wussten sehr wohl, das es in dieser Familie nicht normal zugeht. Juli versucht ihre traurige Familiengeschichte hinter sich zu lassen. Sie ist ein Mathematikgenie. Auf Zahlen kann sie sich verlassen. Die sind berechenbar. Ihre Eltern stets unberechenbar. 

Wie die suizidgefährdete Juli und ihre Geschwister mit ihren traumatischen Erlebnissen umgehen, ist wirklich manchmal schwer zu ertragen. Der Schreibstil ist ebenso gewaltig. Die Autorin hat mit ihrem Debüt ein wahres Meisterwerk hingelegt. Ich hatte alle Szenen vor Augen. Die Gnadenlosigkeit der Eltern hat mich schockiert. Die Auswirkungen stimmten mich traurig. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass es solche Eltern auch im realen Leben gibt. Juli versucht die familiäre Vergangenheit zu vergessen. Doch ihr Vater verfolgt sie überall. Wie ein Schatten überwacht er ihr Leben. Von der Wiege an ist seiner Willkür ausgeliefert.

Fazit:

Schonungslos wird hier die Geschichte einer Familie erzählt, bei der Gewalt dominiert. Der anschauliche Schreibstil führt der Leserschaft alles ohne Weichzeichner vor Augen.Wie kaputt muss man selber sein, dass man zu solcher Brutalität gegenüber seinen Kindern fähig ist?

Mich konnte die Geschichte überzeugen. Jedoch habe ich den anfänglichen Humor etwas vermisst. Er hat die Traurigkeit ein kleines bisschen entschärft. Dennoch musste die Ernsthaftigkeit nicht darunter leiden. Gerne hätte ich auch etwas über die Kindheit der Eltern erfahren. Das Ende empfand ich als ziemlich abrupt, aber dennoch stimmig.



Danke Claudia Schumacher. Ich gratuliere zum Debüt.

Claudia Schumacher

Claudia Schumacher, 1986 in Tübingen geboren, wuchs im Stuttgarter Speckgürtel auf, studierte in Berlin und lebte einige Jahre in Zürich. Sie arbeitete als Journalistin, unter anderem für die ›NZZ am Sonntag‹ und für ›DIE ZEIT‹. Heute lebt sie als Schriftstellerin in Hamburg. Ihr Debütroman ›Liebe ist gewaltig‹, der für den aspekte-Literaturpreis sowie den Newcomer-Preis des Harbour Front Literaturfestivals nominiert war, wurde im Rahmen der Hamburger Literaturpreise als »Buch des Jahres« 2022 und mit dem Literaturstipendium 2023 des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.



 

 

 


 



 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen